Ein Heidelberger Schiedsrichter auf Abwegenbeiden Profis in Frankfurt.

Lutz Wagner
Nach fast 20 Jahren als Bundesligaschiedsrichter auf höchstem Niveau, wechselte Lutz Wagner 2010 mit Erreichen der Altersgrenze die kurzen gegen die langen Hosen. Als verantwortlicher Koordinator für die Schiedsrichterausbildung und als Coach der DFB Bundesligaschiedsrichter gibt er heute sein Wissen als Keynote Speaker und Führungskräftecoach in der freien Wirtschaft genauso weiter wie auch als Regelberater der Medienanstalten
Interview mit Ben Grießmann:
Schöne Fotos aus Frankfurt? DFB Zentrale oder?
Ja, der Lehrgang war auf dem neuen DFB-Campus in Frankfurt. Seit 2022 ist das die neue Zentrale des DFB
Wie/Wann kam es dazu?
Ich hatte online (über Instagram) Werbung für den Lehrgang gesehen gehabt. Die Informationen darüber klangen sehr interessant, also habe ich eine verpflichtende Bewerbung geschrieben. Aus jedem der 21 deutschen Landesverbäbnde wurde dann ein Schiedsrichter angenommen.
Mit welchem Gefühl bist du nach Frankfurt?
Natürlich war ich ein bisschn aufgeregt. Neue Leute die man nicht kennt und eine Anreise, ohne wirklich zu wissen was einen erwartet. Aber die Vorfreude auf das Wochenende war um einiges größer ; sich mit amderen Schiedsrichtern aus ganz Deutschland auszutauschen ( und natürlich mit den „Stars“) und die einmalige Chance haben, so etwas zu erleben.

Hand in Hand mit den Profis
alles nur Schiedsrichter: Florian Lechner (2. Liga), Ben Grießmann (Kreisliga), Harm Osmers und Lutz Wagner (Bundesliga)
Wie haben sich die Bundesligaschiedsrichter gegeben?
Wenn man nicht gewusst hätte, wer sie sind, wäre einem garnicht aufgefallen, dass das Bundesliga- Schiedsrichter sind. Sie waren seit der ersten Sekunde auf der selben Wellenlänge wie die Teilnehmer und sehr freundschaftlich. Alle waren wirklich sehr nett und offen, ihre persönlichen Erfahrungen über alle Themen mit uns zu teilen. Vor allem auch abseits der Vorträge bei den persönlichen Gesprächen in Pausen oder nach den Vorträgen.
Was haben die BL-Schiedsrichter vorgetragen?
Bei den Vorträgen ging es beispielsweise um den Ablauf von Entscheidungen auf dem Feld, unter Entscheidungen unter Druck, Spielmanagement und was einen guten Schiedsrichter ausmacht. Mit Lutz Wagner haben wir einzelne Spielszenen analysiert und am Sonntag kam eine Sportpsychologin, die von ihren Erfahrungen mit Schiedsrichtern oder Fußballern erzählt hat. Am meisten im Kopf geblieben, ist ein unglaublich persönlicher und emotionaler Vortrag von Sascha Stegemann. Er hat einen persönlichen Einblick hinter die Kulissen des öffentlich Bekanntem gegeben, nachdem er eine entscheidene Fehlentscheidung am 30. Spieltag der Saison 22/23 gemacht hat, die fast die Meisterschaft in der Bundesliga entschieden hat ( nicht gegebener Elfmeter für Dortmund gegen Bochum, Endstand 1:1 –-> Bayern überholt Dortmund und geht an die Tabellenspitze).

Wie gestaltete sich der Tagesablauf. Jeder Tage gleich oder…?
Es war ein sehr volles, aber abwechslungsreiches Progrogramm. Wir haben viele, aber sehr unterschiedliche Vorträge gehört, bei denen wir teilweise auch selbst aktiv sein durften. Der Samstag war der Sporttag, bei dem wir alle bis an unsere konditionellen Grenzen getrieben wurden. Abends haben wir dann zusammengesessen, uns ausgetauscht und die Europameisterschaft geschaut.
Wie stellen sich die DFB-Offiziellen an?
Da es ein Wochendende war, war nicht viel los auf dem Campus, aber wir haben mit einigen Mitarbeitern das Deutschland gegen Spanien Speil geschaut. Man hat sich auf anhhieb gut verstanden und es war eine sehr angenehme Atmosphäre.
Was hast du von den Tagen mitgenommen?
Vor allem, dass Bundesliga-Schiedsrichter am Ende keinen anderen Job machen, als jeder Schiedsrichter auf Kreisebene, nur eben ein paar Ligen höher und etwas professioneller. Neben faktischen Aspekten, wie beispielsweise der Weg vom Erkennen einer Situation bis zur endgültigen Entscheidung aussieht, habe ich viel perönliches / mentales mitgenommen. Wie geht man mit Fehlentscheidungen um, wie kann man Rückschläge verarbeiten,… . Auch die Elite-Schiris sind nicht fehlerfrei.
Wie läuft bei Dir die Schiri-Karriere?
Es könnte fast nicht besser laufen. Ich bin sehr zufrieden mit dem bisherigen Saisonstart und freue mich über jede neue Erfahrung, die ich machen durfte und in der nächsten Zeit werde. Jetzt schon so viele besondere Erlebnisse gemacht zu haben schätze ich sehr und bin dankbar für jeden, der mir das ermöglicht hat.
Was sind die nächsten Ziele?
Mein nächstes Ziel ist es, mich auf der Verbandsebene zu zeigen und zu beweisen. Ich erhoffe mir, immer wieder ein kleines Stück mehr geben zu können und mich zu verbessern. In Zukunft möchte ich mich in kleinen, aber zielstrebigen Schritten immer weiter vorarbeiten.
Oberligaeinsatz an der Linie? Hätte das sein dürfen?
Ich bin sehr dankbar dafür, bei so einem Spiel an der Linie sein zu dürfen. Solche Erfahrungen und Belohnungen sind eine große Motivation, selbst einmal so ein Spiel zu leiten, und nicht „nur“ an der Linie zu stehen. In meinem Alter solche Erfahrungen zu sammeln, bedeutet mir sehr viel.
Was macht eine schlechte Bewertung mit Dir?
Für den ersten Momement ist es natürlich ein ungewohntes und schlechtes Gefühl. Aber um besser zu werden braucht man ja negative Kritik und Tipps, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Also freue ich mich über jede freundliche Kritik und nehme mir vor, mich in den schlechten Bereichen weiterzuentwickeln um das Maximum aus mir herauszuholen. Aber natürlich ist es nicht einfach, sich auf eine schlechte Bewertung einzulassen und sich damit auseinanderzusetzen…